Igel und Schimmelpilze
Bedeuten Schimmelpilze ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko für unsere Igel während der heimischen Pflege?
Von Frauke Grastorf, Carola Dörries (Tierärztliche Hochschule Hannover), Nicola Traeger (Essen) und Dr. Thomas Bücher (Karlsruhe)
Zur Erläuterung dieser Thematik bedarf es zunächst einiger allgemeiner Betrachtungen und begrifflicher Erklärungen, bevor wir uns der Bedeutung für den Igel im speziellen zuwenden können. Nach richtungsweisenden Angaben aus einem Lehrbuch der veterinärmedizinischen Mikrobiologie, Kapitel spezielle Bakteriologie und Mykologie, umfasst die eine Vielzahl von Arten aufweisende Gattung Aspergillus neben der ebenfalls sehr artenreichen Gattung Penicillium alle diejenigen Spezies, die als häufigste Vertreter der Schimmelpilze in der Natur bisher die weiteste Verbreitung gefunden haben. Da kaum ein Standort der Erdoberfläche existiert, an dem man Arten dieser Gattung nicht antreffen kann, sind sie zwangsläufig auch in der unmittelbaren Umgebung von Mensch und Tier vorhanden.
In geringer Anzahl führen sie dabei auch zu keinerlei Schadwirkung. Die Auslösung von Krankheiten bei Mensch und Tier wird erst dadurch begünstigt, wenn äußere Faktoren eine starke Entwicklung ermöglichen. Grundsätzlich sind Schimmelpilze in zweifacher Weise in der Lage, krankmachend zu wirken. Durch eine Ansiedlung im Tierkörper mit der damit verbundenen Zerstörung befallenen Gewebes können sie je nach der Lokalisation verschiedenartige Systemmykosen hervorrufen. Die zweite Möglichkeit besteht in der Hervorrufung von Vergiftungserscheinungen im Organismus durch ihre Stoffwechselprodukte, wenn sie sich vorher in Futtermitteln anreichern konnten. Hieraus resultiert allerdings keine Pilzvermehrung im Organismus; es handelt sich um eine reine Toxinwirkung (Vergiftung), weshalb diese Art der Erkrankung als Mykotoxikose und nicht als Mykose (der Pilz ist bei der Körpertemperatur des Warmblüterorganismus dann auch vermehrungsfähig!) zu bezeichnen ist.
Trotz des geschilderten Artenreichtums ist die Anzahl der als Krankheitserreger innerhalb der Gattung Aspergillus in Betracht kommenden Spezies bisher verhältnismäßig klein geblieben (Aspergillus fumigatus, A. flavus, A. niger, A. nidu-lans, A. versicolor und A. terre-us). Die gleichen Arten sind auch als Toxinbildner bekannt geworden, so dass ihnen auch bei Vorliegen einer Mykotoxikose Bedeutung zukommt. Als Toxinbildner erlangten noch A. parasiticus, A. ochraceus und A. calvatus und auch Spezies der Gattung Penicillium und deren Verwandte Bedeutung.
Wenden wir uns in unseren weiteren Betrachtungen dem Igel im speziellen zu, haben die mit der Pflege betrauten Personen allen Grund, entsprechend aufzuatmen. Nach dem Studium der zur Verfügung stehenden Literatur lässt sich die begründete Aussage vertreten, dass Schimmelpilze wohl vorübergehend auf der Haut und im Magen - Darmkanal des Igels anzutreffen sind, jedoch keinerlei klinische Erscheinungen auslösen. Dokumentiert wurde lediglich ein einmaliger Fallbericht über eine Lungenmykose durch Emmonsia crescens bei mehreren Wildigeln aus dem Jahre 1964.
Der mit der Literatur vertraute Leser wird sich an dieser Stelle gleich daran erinnern, dass die Situation bei Hefepilzen und insbesondere bei Hautpilzen eine grundlegend andere ist! Bitte achten Sie deshalb in Ihrem eigenen Interesse unbedingt auf die Einhaltung der erforderlichen Hygiene, um eine Erregerübertragung von vornherein zu minimieren.
Weiterhin treten bei Berichten über die verschiedenen Erkrankungen diverser Wildtiere (Untersuchungszeitraum 7-10 Jahre!) im Bezug auf den Igel grundsätzlich andere Erkrankungen wie die Salmonellose deutlich in den Vordergrund. Ruft man sich zudem noch in Erinnerung, dass Pflegeigel in der nahrungsarmen Zeit während des Winters mit standardisierten Fertignahrungsmitteln für Heimtiere unter Berücksichtigung der erforderlichen Zusätze gefüttert werden, verliert auch die geschilderte Möglichkeit der Anreicherung von Schimmelpilztoxinen in der Nahrung jegliche Bedeutung.
Ein steigender Diskussionsbedarf besteht allerdings nach Informationen aus den Pflegestationen im Hinblick auf die Verfütterung von Erdnüssen an Igel, deren Schalen oft reichlich Schimmelpilzsporen enthalten und auf deren Gefährdungspotential in der Ziervogelhaltung bereits seit geraumer Zeit hingewiesen wird. Man hilft sich hier aus der Klemme, indem man die Nüsse nur ohne Schale und ausreichend gewaschen anbietet. Hinsichtlich des Igels sind hier leider noch keine Erfahrungsberichte publiziert worden. Nun knacken Igel bekanntlich keine Nüsse, weshalb man die Kerne sowieso schon geschält anbieten muss und eine gründliche Waschung keinen nennenswerten Mehraufwand bedeutet. Damit dürfte man der Übertragung von Schimmelpilzen bzw. deren Toxinen ausreichend Rechnung getragen haben. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Erfolg mit Ihren Stachelrittern.
Anmerkung der Redaktion:
In einem Tierzeitschriftenbericht lasen wir, das Aspergillose bei Papageien durch Vitamin-A-Mangel, aber auch durch eine vorangegangene Behandlung mit Antibiotika begünstigt wird.